Haushaltsrede 2019

Haushaltsrede 2019 aus der Sitzung des Stadtrats am 20.12.2018:

Liebe Alzenauer Bürgerinnen und Bürger, werte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrats,
der Verwaltung und der Stadtwerke, sehr geehrter Herr Bürgermeister :

Auch diesmal werden wir uns nicht mit dem Jonglieren aller Zahlen des geplanten Haushalts aufhalten. Sie sind ohnehin im Lauf der letzten Tage aufgrund der sich abzeichnenden sehr hohen Darlehensaufnahme ständig nachjustiert worden. Unsere Ahnungen aus den Haushaltsreden der vergangenen Jahre sind mittlerweile zur Gewissheit gereift. Die Entwicklung der Einnahmen bei Gewerbesteuer und Grundsteuer sind relativ stabil geblieben. Die hier erzielten Zuflüsse zusammen mit der Zuweisung aus den Einkommensteuern der Alzenauer Bürger geben uns jährlich einen Rahmen für unsere Ausgabenpolitik vor. Letztere wird aufgrund unseres vielschichtigen kommunalen Engagements immer schwieriger. Aufgrund der zu erwartenden Änderung der Grundsteuern im Jahr 2019 regen wir bereits jetzt an, im gleichen Zug auch über die Gewerbesteuersätze neu nachzudenken, um zukünftig ein wenig mehr Spielraum für die Gestaltung und den Erhalt unseres Gemeinwohls zu bekommen.

Ein großer Teil der hohen Darlehensaufnahme ist mittlerweile allerdings auch der Verpflichtung geschuldet, dass die Kommunen viele Versprechen des Freistaats, z.B. bezüglich Kinderbetreuung, bisher noch nahezu allein einlösen müssen. Auch ohne dass Alzenau hierfür nennenswert finanziell unterstützt wird, sind wir dennoch bereit, entsprechend sinnvoll kalkuliert Projekte zukünftig weiter mitzutragen. Es müssen aber Synergien und andere Kostensparmaßnahmen viel stärker genutzt werden.

Positiv anzumerken im ablaufenden Jahr ist die Integration der Musikschule ins Bibliotheksgebäude. Hier ist ein vielschichtiges Kulturzentrum entstanden in dem Synergieeffekte genutzt werden. Diese Baumaßnahme wurde von uns allen unterstützt. Des weiteren begrüßen wir auch die in den letzten Monaten endlich begonnenen konkreteren Planungen für den sozialen Wohnungsbau. Dieser wird uns zwar auch einiges an Geld kosten, das wir aufnehmen müssen, doch wir hoffen, dass dadurch in Zukunft mehr bezahlbare Wohnraum für Alzenauer Bürger entsteht. Das Projekt Wellpappenumzug, das ebenfalls bereits zu vielfältigen Überlegungen für urbanes Wohnen in vielschichtiger Art auf dem freiwerdenden Gelände geführt hat, wird ein weiterer Baustein für die Attraktivität des Wohnorts Alzenau werden. Auch hier appellieren wir, gemeinsam maßvoll zu planen, immer mit den Kosten und dem Nutzen im Blick.

Das von uns geforderte Kataster für den örtlichen Straßenzustand, in einer der letzten Sitzungen kurz live vorgestellt, trägt zukünftig dazu bei, dass bezüglich des zu planenden Aufwands für Sanierung und Erhalt mehr Klarheit besteht. Es hilft beim Erkennen notwendiger Maßnahmen und verhindert damit plötzliche finanzielle Überraschungen. Unsere weitere Anregung aus dem letzten Jahr, ein Kataster der öffentlichen Gebäude und Einrichtungen, das dem gleichen Zweck der Planungssicherheit dienen könnte, ist leider noch immer nicht vorhanden.  Das ebenfalls in den letzten Jahren immer wieder verschobene Projekt Flächennutzungsplan, bisher durch viele ‚Kleinmaßnahmen’ laufend verändert, hat nun in kompetenteren Händen einen Neustart gefunden. Dies lässt uns erwarten, dass vielleicht zum Ende der aktuellen Stadtratsperiode ein für alle Bürger akzeptables Ergebnis erzielt werden kann. Damit schaffen wir langfristige Planungssicherheit.

Wie in der letzten Haushaltsrede nachzulesen, zeigt sich jetzt drastisch, dass unser teilweise verschwendetes Budget dazu führte, dass wichtige Sanierungsmaßnahmen im Bereich Hallen, Brücken und anderer Bauwerke nun keinen Aufschub mehr ermöglichen. 2019 wird auch die im letzten Jahr prophezeite hohe Kreditaufnahme Realität werden. Man lasse sich auf der Zunge zergehen … Schuldenstand Alzenau am 31.12.2018 etwa 17,1 Mio Euro für die Stadt und 20,6 Mio Euro für die Stadtwerke … das bedeutet auf jeden der ca. 19.000 Einwohner kommen bereits heute insgesamt etwa 2.000 Euro Verschuldung.
Der Landesdurchschnitt beträgt hier laut veröffentlichter Statistik des Freistaates knapp 1000 Euro, somit liegen wir doppelt so hoch. Das sollte auch dem letzten Verfechter von Nice-to-Have-Projekten endlich klarmachen, daß gespart werden muss und zwar nicht nur kosmetisch, sondern grundsätzlich. Eine 2019 nochmalige Steigerung um knapp 8 Mio Euro Darlehen bei 1,6 Mio Euro Tilgungen für die Stadt und 3,5 Mio Euro Darlehen bei 1,1 Mio Euro Tilgung für die Stadtwerke bedeuten weitere 460 Euro pro Einwohner an Verschuldungm… eine Steigerung um 23 % alleine in einem Jahr … und im Hinblick auf den Finanzplan in den Folgejahren nicht als Einmaleffekt, sondern immer weiter so. In fünf Jahren hätten wir dann unsere Schulden verdoppelt statt halbiert. Wie soll ein Bürger, der von klein auf gelernt hat, für die Zukunft zu sparen, diese Entwicklung noch verstehen ?

Projekte wie ein Rathausanbau kommen daher zum absolut falschen Zeitpunkt, hier wie auch bei anderen Maßnahmen muss über mehr Optimierung mit Augenmaß gesprochen und nicht großzügig geplant werden, nur weil Kredite günstig sind. Die Baukosten explodieren aktuell ohnehin, sodass man auch auf ruhigere Zeiten warten kann. Im Rahmen der Entlastung der Mitarbeiter der Verwaltung sollte eher über eine Optimierung der Öffnungszeiten nachgedacht werden, um in publikumsfreien Zeiten mehr Möglichkeiten zum Erledigen des Tagesgeschäfts zu generieren.
Die Planung des Rettungszentrums Alzenau sollte, von uns bereits seit 2011 jährlich angemerkt, auch genutzt werden, um vorher eine Zusammenlegung der technischen Standorte der Feuerwehren zu klären. Der leider nach wie vor noch nicht fertige Bedarfsplan könnte hier ebenfalls helfen. Es geht uns Grünen hierbei nicht um eine Reduzierung der Qualität der Wehren, sondern um Ausgabenoptimierung und vielleicht sogar Verbesserung der Technik durch Synergieeffekte. Auch die Feuerwehrvereine könnten nach wie vor in ihren Ortsteilen ihren gesellschaftlichen Aktivitäten nachgehen. Wir sind der Meinung, es ist höchste Zeit, seitens der Stadt mit den Wehren konstruktive Gespräche einzuleiten.

Als Grüne sind wir naturgemäß für vielfältige öffentliche Freiflächen, deren wir seit der Gartenschau mittlerweile eine sehr große Anzahl besitzen. Diese allerdings so zu einzurichten, dass erheblicher Pflegeaufwand entsteht und noch dazu Bepflanzungen laufend in Form und Inhalt umzugestalten, ist für eine Stadt Alzenau im Grünen nicht nötig. Weniger wäre hier mehr und zudem ökologischer. Projekte wie den Rosengarten in Michelbach nur wegen den einmal jährlich blühenden alten Rosensorten umzugestalten und für Heiratswillige eine noch schönere Kulisse zu bieten, sehen wir angesichts der angespannten Finanzlage als nicht notwendig an. Außerdem müssen öffentliche Flächen nicht in kürzesten Intervallen gepflegt und gewartet werden. Die Natur ist durchaus in der Lage, sich selbst zu entfalten, auch wenn dies der ein oder andere Bürger nicht so sieht. Der Mühlgraben, eine hier hinter diesem Haus inzwischen bei Festlichkeiten genutzte funktionelle Fläche, bedarf nach unserer Auffassung keiner wesentlichen Veränderung. Die wegen der privaten Bautätigkeit nebenan modifizierte Wasserführung muss natürlich zeitnah durch den Verursacher auf eigeneKosten wieder in den ursprünglichen ansehnlichen Zustand gebracht werden.
Die Erschließung weiterer Bau- oder Gewerbegebiete an den Rändern unserer aktuellen Bebauung sehen wir, da irreversibel eingreifend in die Natur, als extrem kritisch. Für uns Grüne sollte Stadtentwicklung zunächst in den Ortskernen der Stadtteile, wo sich inzwischen die verfallenen Immobilien häufen, mit Augenmaß beginnen. Die mittlerweile vielfältigen Planungen für ein Kälberauer Vereinshaus haben beispielsweise nach unserer Auffassung einen so hohen Aufwand gefordert, dass hier die Reißleine gezogen gehört. Es sollten nur dringend notwendige Erhaltungsmaßnahmen durchgeführt werden. Generell sollten die ortsansässigen Vereine, die seitens der Stadt bis dato immer sehr stark unterstützt werden in ihren Bedürfnissen, vielleicht einmal selbst kritisch über Synergieeffekte speziell bei Raumbedarf und Organisation nachdenken, denn unser Gemeinwohl kann nicht unendlich kostenfrei verfügbar sein.

Eine weitere Baumaßnahme für 2019, ein dritter Radweg zwischen Hörstein und Wasserlos, dessen Kosten mittlerweile auf über eine Million Euro geschätzt werden, ohne Bewertung der seitens der Verwaltung aufgewandten Zeit und Ressourcen, ist trotz teilweiser externer Förderung ein viel zu hoher Aufwand. Wie letztes Jahr bereits dargelegt, existieren räumlich ober- und unterhalb der Staatsstraße entsprechende Wegverbindungen, die sogar schon im Radwegeplan des Kreises aufgeführt sind. Die zwar auf ab 2020 geschobene, aber nach wie vor zu umfangreich kalkulierte und mittlerweile gegen eine Mehrheit im Stadtentwicklungsausschuß an der Abfahrt zur Tiefgarage bereits begonnene Erneuerung des Burgparkplatzes ist nach unserer Auffassung ersatzlos zu streichen und lediglich Reparaturarbeiten an offen zutage tretenden Mängeln im Bestandsbelag durchzuführen.

Anregungen aus dem Klimaschutzkonzept wurden auch in 2018 bei städtischen Bauvorhaben leider wieder nur unzureichend berücksichtigt. Selbst ein gemeinnütziger Verein, der in seinerzeit gemeinsamer Absprache hierzu einen konkreten Beitrag leisten wollte, wurde mit seiner Investitionsbereitschaft für die Stadt Alzenau auf ein späteres Projekt vertröstet …für uns Grüne unverständlich … hier können in Kooperation wesentlich mehr zukunftsweisende Projekte zum Vorteil einer Solarstadt Alzenau und ihren Bürgern realisiert werden.

Sand, ein in Alzenau in sehr hoher Qualität vorkommender Rohstoff, soll, nur weil aktuell noch eine Genehmigung zur Entnahme existiert, großflächig abgebaut und hierfür die dieses Jahr ohnehin stark angegriffenen Bäume vorher entfernt werden. Der Holzmarkt ist aufgrund des ‚Jahrhundertsommers’ (von denen wir wohl noch einige erwarten dürfen) überfüllt und gute Preise ohnehin nicht zu erzielen. Wir plädieren dafür, wesentlich maßvoller vorzugehen und nicht unsere Ressourcen, einfach nur weil sie da sind, schnell zur Finanzierung von vergänglichen Gütern einzusetzen.
Auch die Pferdeliebhaber in Alzenau schätzen unseren Sandboden nach wie vor so sehr wegen der weichen Trittmöglichkeiten ihrer Lieblinge, dass sie bei Ausritten im nordwestlichen Wald nicht immer nur die für sie vorgesehenen Wege nutzen. Die Einführung einer Pferdesteuer, unserem Grünen Dauerbrenner, sollte daher zur Kompensation der im Wald verursachten Schäden endlich einmal umgesetzt werden. Eine Gleichbehandlung mit den Hundebesitzern wäre damit auch gegeben.

Die für die modernen Freizeitsportler der ganzen Region geplanten Einrichtungen Skaterpark und Pumptrack sind zwar wünschenswert, doch angesichts der Finanzlage nach unserer Auffassung dem örtlichen Steuerzahler nicht vernünftig als notwendig vermittelbar. Sind private Unternehmen nicht willens oder in der Lage, entsprechenden Bedarf mit eigenen kostenpflichtigen Geschäftsmodellen zu decken? Vielleicht sollte hier, wie auch für Versammlungsräume, Hallen oder ähnliche Einrichtungen, vor städtischen Planungen zunächst einmal bei Investoren oder Spendern angefragt werden, bevor der Stadtsäckel möglicherweise über Gebühr belastet wird.

Ein herzlicher Dank geht wieder an die vielschichtigen Alzenauer Vereine, die mit ehrenamtlichem persönlichen Engagement den Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen unserer Stadt Zeit und Raum geben. Auch allen Bürgerinnen und Bürgern, die die Notwendigkeit des enger Schnallens der Gürtel verstehen, danken wir ausdrücklich.
Nicht zuletzt auch vielen Dank dem Bürgermeister und den Fraktionen für die teils lebhaften Diskussionen in den Sitzungen. Unser besonderer Dank geht an die engagierten Beschäftigten der Stadtwerke und der Verwaltung, insbesondere den Kämmerer, der jedes Jahr aufs neue mit vielen Zahlen uns Ahnungslosen die Möglichkeit gibt, einigermaßen objektiv den Haushalt der Stadt Alzenau bewerten zu können.

Fazit:
Unsere Finanzpolitik muss wesentlich fokussierter die Reduzierung der Ausgaben auf das Notwendige und somit eine auskömmliche Finanzierung des Haushalts ohne hohe Schuldenaufnahme im Blick haben. Sowohl bei Bauprojekten als auch im Flächennutzungsplan fordern wir Grüne aufgrund der zukünftigen Entwicklung unseres Planeten eine wesentlich stärkere ökologische Ausrichtung. Der Gesamtschuldenstand der Stadt und der Stadtwerke Alzenau wird im Jahr 2019, wie eingangs dargelegt, extrem ansteigen und es existieren bereits jetzt Überlegungen für einen Nachtragshaushalt. Es werden wieder unnötige Projekte aufgenommen, daher lehnt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Haushaltsplan 2019 und den Finanzplan der Stadt für 2018 – 2022 ab. Auch dem Wirtschaftsplan der Stadtwerke für das Jahr 2019 stimmen wir nicht zu. Den Stellenplan der Stadt Alzenau tragen wir mit.