Haushaltsrede 2005

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, werte Damen und Herren des Stadtrates der Stadtverwaltung, liebe Alzenauer Bürgerinnen und Bürger.

Nach dem verheerenden Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen für die bayerischen Kommunen in den Jahren 2001 bis 2003 stabilisiert sich diese Steuer offenbar wieder, allerdings auf niedrigerem Niveau als Ende der 90er-Jahre.
Die Gewerbesteuer ist im ersten Halbjahr 2004 gegenüber dem Vorjahreszeitraum in Bayern um 23 Prozent gestiegen. Hinzu kommt die Absenkung der Gewerbesteuerumlage, die allerdings lediglich die längst fällige Korrektur eines ungerechtfertigten Zugriffs von Bund und Ländern auf das Gewerbesteueraufkommen der Städte und Gemeinden ausgleicht. Die guten Nachrichten bei der Gewerbesteuer werden durch einen weiteren Rückgang bei der Einkommensteuer wieder relativiert. Gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum haben die Kommunen laut dem Bayerischen Städtetag für 2004 etwa 7 Prozent weniger erhalten. Der Grund dafür ist die Umsetzung der nächsten Stufe der Einkommensteuerreform. Deshalb ist es sehr wichtig, dass sich die Bundestagsfraktionen von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und der SPD für den Vorschlag der Gemeindefinanzkommission, die Gewerbesteuer zu verstetigen und einen schrittweisen Übergang zu einer kommunalen Betriebssteuer voran zu treiben, weiterhin aussprechen.

Diese gesamtbayerischen Aussagen bezüglich der o.g. Steuern und Umlage kann man fast genau so auf die Stadt Alzenau beziehen. So betrugen die Gewerbesteuereinnahmen im Rekordjahr 1999 noch 15,2 Mio. € und sackten auf 3,4 Mio. € in 2002 ab.

Danach hatte die Gewerbesteuer die Talsohle durchlaufen, sie stieg in 2003 auf 5,2 Mio. an. Für das Jahr 2004 hatte der Kämmerer nur 4,5 Mio. € eingestellt, immerhin kann mit ca. 5,2 Mio. € Einnahmen gerechnet werden. Im Haushalt 2005 wird ein Ansatz von 5,8 Mio. € gebildet. Dem gegenüber muss an Gewerbesteuerumlage – bei leicht gesenktem Umlagesatz – 1,425 Mio. € abgeführt werden. Wäre der Umlagesatz wie in 2003 bei 114 % geblieben, müssten 2,0 Mio. € gezahlt werden.
Die beste Einnahmequelle der Stadt stellt weiterhin der Einkommensteueranteil mit 7,2 Mio. € dar, der aber im Jahr 2003 noch 7,45 Mio. € betrug. Alzenau profitiert damit vor allem von dem relativ guten Einkommen ihrer Bürgerinnen und Bürger.
Die Personalkosten der Stadtverwaltung bleiben wie im Jahr 2004, trotz leichten Lohn- und Gehaltserhöhungen von 2 %, bei 6,55 Mio. € gleich. Die Stagnierung des größten Ausgabepostens ist bedingt durch Stellenreduzierungen in der Verwaltung und in den Stadtwerken. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden in Zeiten von hoher Arbeitslosigkeit darauf achten, dass freiwerdende Stellen umgehend wieder besetzt werden und keine weitere Stellenreduzierung eintritt.
Ein weinendes Auge haben wir bei den Ausgaben für die Kreisumlage, denn die steigende Steuerkraftzahl für das Jahr 2003 (Grundlage für die Berechnung der Umlage) bewirkt eine geplante Abgabe von 5,57 Mio. €. Das bedeutet eine Steigerung um 753.000 € gegenüber dem Vorjahr. Ehrlicherweise möchten wir an dieser Stelle daraufhin weisen, dass der Landkreis in den letzten Jahren massiv in die Kreisschulen investierte und die Stadt Alzenau insbesondere als Schulstandort verbessert hat.
Auch im Jahr 2005 wird der Landkreis zusammen mit der Stadt einen Neubau für die Ganztagsbetreuung der Realschule und der Hauptschule erstellen.

Der Gesamtschuldenstand für Stadt und Stadtwerke Alzenau beträgt zum Ende dieses Jahres 14,37 Mio. €. Bis zum 31.12 2005 soll die mögliche Verschuldung um 578.000 € auf insgesamt 13,79 Mio. € abgebaut werden. Diese teilt sich in 4,84 Mio. € für die Stadt und 8,95 Mio. € für die Stadtwerke auf. Davon stehen allerdings noch 3,8 Mio. €, bedingt durch den Kauf des Gasnetzes (Beteiligung an der Energieversorgung Alzenau) im Wirtschaftsplan der Stadtwerke, zu Buche. Der Haushalt der Stadt Alzenau weist für 2005 keine Darlehensaufnahme auf, jedoch sind im Wirtschaftsplan der Stadtwerke 1,4 Mio. €. Darlehen vorgesehen, die voll in die anstehenden Kanalbaumaßnahmen fließen sollen.
Für 2005 ist im Vermögenshaushalt eine Entnahme aus der Rücklage in Höhe von 1,0 Mio. € vorgesehen. Der Rücklagenbestand betrug Ende 2003 noch 3,72 Mio. € und verringerte sich nach der Entnahme für 2004 auf 2,4 Mio. €. Die Rücklagen incl. Zuführung betragen durch die Entnahme voraussichtlich Ende 2005 noch ca.1,4 Mio. € und liegen über der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestrücklage von 219.000 €.

Wir möchten den städtischen Haushalt 2005 unter, für uns drei wichtige Themenschwerpunkten beleuchten:

 

Bildung und Kultur

Bildung fängt für die Fraktion von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN im Kindergarten an und ist somit eine Investition in die Zukunft. Das Kabinett des bayerischen Landtages hat erst kürzlich dem Entwurf des neuen Kindertagesstättengesetzes zugestimmt, der Landtag (mit absoluter CSU-Mehrheit) wird dies demnächst verabschieden. Danach wird der Kindergarten endlich zur Bildungseinrichtung erklärt. Unserem Verständnis nach müsste demzufolge auch der Kindergarten, wie jede andere Bildungseinrichtung (z.B. die Schulen) gebührenfrei und unabhängig vom Einkommen der Eltern sein.

Konsequenterweise müssten auch die Personalkosten für die Kindergärten und die Kindertagesstätten vom Land übernommen werden. Im Bereich der städtischen Kindergärten sollen im Jahr 2005 insgesamt 260.000 € investiert werden. So stehen hauptsächlich Renovierungen in den Kindergärten Bach – Iglauer – und in der Prischoßstraße an. Im Verwaltungshaushalt übernimmt die Stadt das Defizit für den Bereich incl. der kirchlichen, des integrativen Kindergartens und des Kinderhortes mit beträchtlichen 1,475 Mio. € (ohne die kalkulatorischen Kosten) . In den Alzenauer Grund- und Hauptschulen werden im Jahr 2005 insgesamt 482.000 € verbaut. So erhält die Schule Michelbach/Kälberau 195.000 €, die Schule Hörstein 160.000 € und die Schule Wasserlos 35.000 € vor allem für die Erneuerung der Heizkörper, Hallenboden in der Schulturnhalle Hörstein und in Brandschutz /
Sicherheitsmaßnahmen und die Sanierung der Elektroinstallation in Michelbach. Ferner soll die EDV-Ausstattung der Alzenauer Schulen für 50.000 € im nächsten Jahr verbessert werden. Der größte Brocken wird, wie schon o.g. die Erweiterung der Hauptschule Alzenau zusammen mit der Realschule für die Ganztagsbetreuung sein. Der Anteil der Stadt beträgt hierfür 920.000, allerdings wird mit einen stattlichen Zuschuss von 90 % gerechnet. Der hohe Zuschuss ist übrigens der ROT – GRÜNEN Bundesregierung zu verdanken, die solche Einrichtungen bewusst eine große Bedeutung und damit auch finanzielle Förderung durch das Investitionsprogramm „Zukunft Bildung und Betreuung“ zukommen lässt. Gerade die Ergebnisse der letzten PISA Studie belegen wieder einmal, dass in Deutschland die Chancengleichheit in der Schulbildung nicht gewährleistet ist. ZurChancengleichheit haben die bisherigen Untersuchungen in Deutschland einen extrem starken Zusammenhang zwischen sozialem Hintergrund eines Kindes und seinem Bildungserfolg festgestellt. Es muss gelingen, und hierbei ist die Ganztagsbetreung der beiden o.g. Schulen ein Baustein, die Abhängigkeit des Bildungserfolges eines Kindes vom sozialen Status der Eltern endlich zu lösen. Mit der Renovierung des Michelbacher Schlösschen wird die bedeutendste Baumaßnahme im Kulturbereich wahrscheinlich in 2005 beendet sein. Für dieses Jahr stehen nochmals 150.000 € im Haushalt zur Verfügung, wobei ein Zuschuss in gleicher Höhe in die Stadtkasse fließen soll. In die Freiflächengestaltung im Umfeld des Schlösschens sollen 400.000 € (Zuschuss 200.000 €) verbaut werden. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hofft, dass im Jahr 2005 das Heimatmuseum im Schlösschen eröffnet werden kann.
Die von uns schon länger geforderte Renovierung des Dalbergschen Hofgutes (alte Schule in Albstadt) wird wohl endlich im Jahr 2005 beginnen. Nach der Befunduntersuchung sind für das Jahr 2005 immerhin 150.000 € eingestellt.
Die Kulturveranstaltungen, wie Theaterprogramm, Stadtfest, Kabarett, Konzerte oder Weihnachtsmarkt möchten unsere Bürger nicht mehr missen, und sind außerdem eine sehr gute Werbung für die Stadt Alzenau. Sie kosten die Stadtwerke laut Wirtschaftsplan jährlich 200.000 € (Einnahmen 120.000 € und Ausgaben von 323.000 €).

Umwelt

In diesem Bereich wird das meiste Geld unter der Erde vergraben, nämlich in die
Kanalbaumaßnahmen. Die dafür zuständigen Stadtwerke sollen im Haushaltsjahr insgesamt 2,385 Mio. € aufbringen. Für 2005 sind vor allem Kanalbauten im Alzenauer Stadtkern in der Hanauer – / Kaiser-Ruprechtstraße und im Mühlweg mit 1,56 Mio. € sowie in der Hörsteiner Hauptstraße mit 275.000 € geplant. Die Maßnahmen in Alzenau stehen natürlich im Zusammenhang mit der Umgestaltung des Stadtkerns. Sie sind aber auch unter dem für BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN sehr wichtigem Aspekt des Grundwasser- und Bodenschutzes zu sehen. In Hörstein liegen die Kanäle sogar im erweiterten Trinkwasserschutzgebiet der Fernwasserversorgung Spessart (FWS) und sind deshalb von besonderer Bedeutung für uns.
Das Defizit für den Alzenauer Forstbetrieb steigt auf 300.000 € an, dies ist auf den weiteren Verfall der Holzpreise zurückzuführen. Außerdem kommt es in den letzten Jahren immer wieder zu Schäden des Waldes, die durch Stürme, Insektenbefall oder den Schneebruch im November hervor gerufen wurden. Ein großer Teil dieser Verluste wird durch die allgemeine Klimaveränderung und die Luftverschmutzung verursacht.
Nach dem aktuellen Waldschadensbericht sind auch, die in Alzenaus Wäldern verbreiteten Buchen mit 55 % und die Eichen mit 45 % in der Schadensklasse „deutlich geschädigte Bäume“, zu finden. Des weiteren möchten wir darauf hinweisen, dass durch die bayerische Forstreform die Kommunen benachteiligt werden, die eigenes Forstpersonal haben. Voraussichtlich erhalten sie keine Zuschüsse mehr, der Stadt Alzenau würde so ein jährliches Minus von 20.000 € entstehen.
Die sinnvollen Maßnahmen der Einzäunung und Kontrolle der Schredderplätze greifen. Zum einen ist die Menge der angelieferten Grünabfälle rückläufig, zum anderen ist die Qualität des Materials (weniger Fremdstoffe) verbessert. Dadurch reduziert sich der Fehlbetrag auf 98.000 € für das Jahr 2005.
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN sehen weiterhin ein Einsparpotential bei den Bewirtschaftungskosten der Stadt, aber auch bei den Stadtwerken Alzenau (z.B. Hallen). Für Heizung, Strom, Wasser und Kanal werden 546.000 € im Haushalt bereit gestellt. Wir schlagen ein Energie- bzw. Wasser-Controlling vor, das von Vorteil für die städtischen Finanzen und vor allem für die Umwelt ist. Im benachbarten Main – Kinzig – Kreis wird dies schon durchgeführt, die Einsparungen betragen dort 10 % bis 20 %.

Stadtentwicklung und Verkehr

Nachdem die Kreisel hoffentlich alle gebaut sind, die Wasserloser Straße und der Mühlweg für den Gegenverkehr freigegeben wurde, stehen nun endlich die städtebaulichen Maßnahmen im Alzenauer Stadtkern an. Überfällig ist nach Meinung unserer Fraktion die Verkehrsberuhigung in der Kaiser-Ruprecht- Straße und Hanauer Straße. Für die Gestaltung und den verkehrsberuhigenden Ausbau der beiden Straßen sind im nächsten Jahr 800.000 € und im Jahr 2006 eine glatte Million € eingeplant. Nur BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN waren für ein Vorziehen der Umbaumaßnahmen, damit die Verkehrsberuhigung möglichst noch in 2005 fertig gestellt wäre. Nach den jetzigen Planungen ist wahrscheinlich erst Ende 2006 mit dem Abschluss der Maßnahmen zu rechnen. Übrigens, die Westumgehung wurde mit dem Argument gebaut, dass nach dem Bau, der Stadtkern von Verkehr entlastet wird. Inzwischen hören wir immer wieder Stimmen (von Seiten des Einzelhandels), dass die Entlastung zu groß ist und mehr Verkehr in die Innenstadt geleitet werden soll !
Für den Ankauf von bebauten Grundstücken, insbesondere im Stadtkern stehen nur 5.000 € im Haushalt 2005 zur Verfügung. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt fest, nach den Plänen des nächsten Punktes der heutigen Stadtratssitzung ist dies unrealistisch. In den letzten Jahren wurden gerade im Stadtkern überteuerte Grundstücke von der Stadt erworben. Danach stehen die Gebäude oft leer bis sie abgerissen werden um schließlich teure Parkplätze entstehen zu lassen. Wir schlagen vor, einige dieser Immobilien (z.B. Kaiser-Rupprecht- Straße 10) wieder zu veräußern und beim Ankauf von Grundstücken sparsam vorzugehen.

Fazit

Der Haushaltsplan der Stadt Alzenau und der Wirtschaftsplan der Stadtwerke für das Jahr 2005 ist geprägt durch:

  • Die verbesserte Einnahmesituation durch den Anstieg der Gewerbesteuer

  • Keine Erhöhung von kommunalen Steuern und Gebühren ( 3 Gebühren wurden erst 2003 und 2004 erhöht und schließlich stehen im nächsten Jahr Bürgermeisterwahlen an ! )

  • Reduzierungen des Gesamtschuldenstandes für die Stadt und die Stadtwerke

  • Für den städtischen Haushalt wird kein Darlehen aufgenommen

  • Für den Wirtschaftplan der Stadtwerke wird zwar ein Darlehen aufgenommen, dies ist allerdings durch dringende Kanalbauarbeiten verursacht

Aus den o.g. Gründen stimmt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Haushalt der Stadt Alzenau und dem Wirtschaftsplan der Stadtwerke für das Jahr 2005 zu.
Bedanken möchte ich mich abschließend bei dem Bürgermeister, der Verwaltung und den anderen Fraktionen für die sachliche und faire Diskussion in den Sitzungen des Bau- und Finanz- sowie des Werkausschusses in welchen der Haushalt 2005 intensiv vorberaten wurde.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Stadtratsfraktion Alzenau

Burkard Jung