Grüne gegen Zerstörung des Eichwalds

„Alzenau – die Stadt im Grünen“ lässt auch weiterhin die Partei Bündnis 90/Die Grünen in Alzenau auf reichen Zuspruch seitens ihrer Bürger bauen. Denn überdurchschnittlich groß war die Teilnehmerzahl an der Winterwanderung der Grünen am 8. 2. 04 zu dem Brennpunkt Eichwald in Alzenau beratend unterstützt und begleitet durch Dr. Michael Neumann von der Umweltabteilung der Stadt Alzenau. Begrüßen konnte die Stadtverbandssprecherin Claudia Neumann auch Vertreter des Bund Naturschutz Alzenau und des Natur- und Vogelschutzvereins, sowie den Grünen-Stadtrat Burkard Jung.

 

Die Wanderung führte vom Alzenauer Marktplatz nach Michelbach. An verschiedenen Stationen im Eichwald brachte Herr Dr. Neumann den TeilnehmernInnen die unbedingte Schutzwürdigkeit dieser Streuobstwiesenlandschaft nahe. In früheren Jahren – so Dr. Neumann- umgaben Streuobstgürtel die Ortschaften unserer Region nicht nur zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung, sondern auch zum Verkauf des Obstes nach Frankfurt und sogar bis Leipzig. Durch Siedlungsdruck wurde dieser Ring auch in Alzenau weitgehend zerstört. Der Alzenauer Eichwald stellt den letzten Rest noch intakter Streuobstwiesen und somit alten Kulturgutes dar, weil hier die Grundbesitzer und auch teilweise die städtische Umweltabteilung regelmäßig die dringenden Pflegemaßnahmen – Baumschnitt und Mulcharbeiten – durchführen. Auch ein Wanderschäfer bewahrt durch die Beweidung den Wiesencharakter. Wie kaum ein anderes Element gestalten Streuobstwiesenbestände die Landschaft und binden Siedlungen harmonisch ein.
Der Grünen Stadtrat Burkard Jung zeigte an Hand einer Landkarte, wie wenige Bürger die Umgestaltung des Naturraumes Eichwald zu teuren Wohnzwecken fordern. Ungläubiges Staunen der Beteiligten löste die Feststellung aus, dass eine Einzelperson durch Anrufe und Hausbesuche die Grundstücksbesitzer auffordert, Bauvorhaben vorzugeben, um seinen eigenen Bauwunsch durchzusetzen. Einheitsformular mit Einheitstext soll den Alzenauer Stadträten Mehrheitswillen suggerieren. Viele „bauwillige“ Grundbesitzer haben derartig kleine Grundstücke, dass nach Abzug des Straßenanteiles überhaupt kein Bauplatz überbliebe, auf die anderen entfielen unglaublich hohe Erschließungskosten.
An Hand eines alten Apfelbaumes erläuterte Dr. Neumann, dass nur durch Schnitt gepflegte Bäume das hohe Alter dieser Hochstammbäume ermöglichen. Nur so kann es zur Höhlenbildung kommen. Baumhöhlen sind wichtige Brutplätze des hier vorkommenden Steinkauzes. Die unterfränkischen und nahen hessischen Bestände sind die größten in Deutschland – so Dr. Neumann. In diesem Zusammenhang lobte er die Arbeit des Natur- und Vogelschutzvereins Alzenau, der seit Jahren Niströhren für Steinkäuze anbringt, wartet, reinigt und erfolgreiches Brutgeschäft bestätigt. Bestaunt wurde von den TeilnehmernInnen die Aussage, dass auf einem Quadratmeter Wiese unter einem Obstbaum bis zu 8000 verschiedene Insektenarten gezählt werden können. Die offene Wiesenlandschaft des Eichwaldes gibt bis zu sogar fünf Spechtarten Lebensraum und Nahrung. Anzutreffen sind hier auch Neuntöter, Gartenrotschwanz, Pirol, Braunkehlchen, Dorngrasmücke, Nachtigall, Rotmilan, Schwarzmilan und Sperber, verschiedene Fledermausarten nicht zu vergessen. Magere Streuobstwiesen sind durch besonderen Artenreichtum an Pflanzen ausgezeichnet. Als Besonderheit des Eichwaldes gilt der Sandthymian, die Sandgrasnelke, Büschelnelke, kleiner Vogelfuß und Nelkenschwielenhafer. Feuchtere Wiesenbereiche beherbergen u. a. den hohlen Lerchensporn, Buschwindröschen, Scharbockskraut, Knoblauchrauke und Gelbstern. An den alten Bäumen selbst trifft man regelmäßig auf dichte Flechten- und Moosmäntel, sogar mancher Fruchtkörper imposanter Baumpilze konnte beim Weiterwandern bewundert werden.
Kritik wurde über die ständige Zunahme der Pferdekoppeln im „Forst“ von einem Teilnehmer geäußert. Die Sprecherin der Kahler Grünen Sylvia Hein bestätigte eine ähnliche Umzäunung und Freiheitseinschränkung Kahls. Dr. Neumann wusste zu berichten, dass falsche Koppelbewirtschaftung zu Schäden für Boden und Pferdehufe führen können. Ein Gruppenteilnehmer ergänzte, dass die Zunahme der Pferdeweiden den Lebensraum für Kleintiere einenge und abschneide, so dass Biotopvernetzungen stark behindert würden. Auf die Frage des BN Vertreters Dieter Galm nach vorkommenden Rebhühnern, konnte Dr. Neumann auf eigene Beobachtungen von acht Tieren im vergangenen Jahr in Alzenau verweisen.
Das kalte, wechselhafte Wetter am Sonntag ließ auch den hartnäckigsten Naturanhänger dem gemütlichen Beisammensein beim Michelbacher Griechen zustreben, wo klar zum Ausdruck kam, dass der Alzenauer Eichwald in seiner jetzigen Form als Lebensraum für viele vom Aussterben bedrohte Käfer-, Vogel-, Schmetterlings- und Pflanzenarten für die Zukunft erhalten werden muss. Ungefähr einhundert teure Bauplätze können kein Argument zur Zerstörung dieses unwiederbringlichen Naturraumes sein. Vorhandene Baulücken zu schließen, alte Bausubstanz im Stadtkern zu nutzen und zu erneuern, ist den Grünen der gebotene Weg, nicht aber den Bauwillen eines Spekulanten irgendwo in der Natur zuzulassen. Jeder, der einmal im Frühjahr in einer blühenden Streuobstwiese gerastet oder gar die herbstliche Obsternte miterlebt hat, wird den Duft der Blüten und der frisch geernteten Äpfel in Erinnerung behalten, so die Sprecherin der Alzenauer Grünen zum Abschluss der Veranstaltung.