GRÜNE Alzenau im Tagebau Hambach

Am letzten Sonntag im August führte der Energie-Stammtisch-Freigericht e. V. unter der Leitung des ersten Vorsitzenden Holger Marquardt mit Mitgliedern und Gästen eine Exkursion zum Braunkohletagebau Hambach/Garzweiler nordöstlich von Köln durch, darunter auch 8 Mitglieder der Alzenauer Grünen.

Nach etwa dreistündiger Fahrt in Fahrgemeinschaften meist in verschiedenen e-Modellen oder wie die Alzenauer im Kleinbus, traf sich die Gruppe auf dem Parkplatz am Aussichtspunkt Jackerath am Tagebau Garzweiler. Erste Erläuterungen und erste Eindrücke von Braunkohletagebau und Förderanlagen gab es auf dem dortigen Skywalk.

Eine knapp einstündige Rundfahrt um die nahen Braunkohlekraftwerke Frimmersdorf (stillgelegt), Neurath und Niederaußem (beide nach Stilllegungsfahrplan nur noch in einzelnen Blöcken bis 2030 aktiv) brachte uns zum Aussichtspunkt Terra Nova am Tagebau Hambach, der größten Braunkohlegrube Europas. Ungeheuer die Dimensionen: 8×10 km, eine Tiefe von bis zu 411m. Neben den riesigen Schaufelradbaggern sind normale Bagger mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen, besser ist ein Fernglas. Im Nordosten lässt sich die 200 m hohe Sophienhöhe, die ursprüngliche Abraumhalde, die nun rekultiviert ist, ausmachen; darunter Freiflächenphotovoltaik. Das Ganze kann man aus wetterfesten Liegestühlen bestaunen – eine surreale Szenerie.

Betriebsbeginn des Tagebaus Hambach war 1978, die erste Kohle wurde 1984 gefördert. Dafür wurden Ortschaften umgesiedelt, der Hambacher Forst größtenteils abgebaggert und die A4 verlegt. Betriebsende ist 2030. Was geschieht danach, wie soll die Bergbaufolgelandschaft aussehen? Geplant ist für den nicht rekultivierten Bereich ein Tagebausee, auch er gigantisch: 4.200 ha, 411m tief, gespeist u.a. durch Rheinwasser über eine lange Rheinwassertransportleitung. Dauern würde die Zuleitung viele Jahrzehnte, das Projekt ist umstritten.

Im angrenzenden Café gab es ein Mittagessen unter freundlichen Wespen.

Dann die weiteren Stationen:  Einer der gigantischen sieben Schaufelradbagger aus der Nähe: fast 100 m hoch, bis zu 240 m lang, 5 Personen zur Bedienung erforderlich. Die verlassenen, da umgesiedelten, Ortschaften Manheim-alt  (besonders eindrucksvoll die Kirche, die als einziges Gebäude erhalten bleiben sollte) und Bürgewald (das ehemalige Morschenich) mit ihrer ganz besonderen Stimmung. Sie werden wegen des Kohleausstiegs 2030 nun doch nicht mehr abgebaggert; stattdessen gibt es die Möglichkeit der Rückübertragung. Ein kurzer Spaziergang auf dem aufgelassenen Stück der A4 mit Blick auf einen Brückentorso – ein lost place aus dem Bilderbuch. Der Aussichtspunkt „Tagebau Hambach“ gegenüber von „Terra Nova“, bis dahin haben wir nur die Hälfte der Grube umfahren.

Zuletzt noch ein kleiner Eindruck von dem renaturierten Gebiet der Sophienhöhe: ein Picknick am Niederzierer See im nahen südlichsten Zipfel. Bei Betriebsbeginn 1978 begann man, den anfallenden Abraum auf angrenzende Ackerflächen aufzuschütten, daraus erwuchs mit der Zeit die nun 200 m hohe Sophienhöhe. Abschnittweise erfolgte die forstliche Rekultivierung mit vielen heimischen Baumarten, aber auch offenen Flächen und Gewässern, die fortlaufend wissenschaftlich begleitet wird. Eine Wanderung in die – nach Berichten anderer Teilnehmer, die eine Führung erlebt haben – sehr schöne und auch faunistisch vielfältige Sophienhöhe musste aus Zeitgründen einem weiteren Besuch vorbehalten bleiben.

Welche Eindrücke bleiben? Die ungeheuren Dimensionen des Tagebaus, der Förder- und vor allem der Folgekosten, die eindrucksvollen Erfolge der kundigen Renaturierung, das eigentümliche Gefühl in den umgesiedelten Orten, die filigrane Eleganz der Windräder neben den Kraftwerken.

Sabina Prittwitz

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