Grünes Licht mit grünen Gegenstimmen für den St2305-Ausbau 23. April 202211. August 2022 Allerhand zu berichten gibt es aus gleich zwei kurz aufeinanderfolgenden randvollen Stadtratssitzungen Ende März und Anfang April. Neben dem beherrschenden Thema Ausbau der St2305 ging es auch um die angespannte Versorgungssituation in den städtischen Kinderbetreuungseinrichtungen, die Frage, wie der Stadtrat mit dem Bauprojekt in der Märkerstr. 9-11 umgeht, die neuen Namen für die Nikolaus Fey-Str., das Feuerwerk zum Stadtfest, das Landesentwicklungsprogramm für Bayern, das Alzenauer Radverkehrskonzept und den neuen Rehwildabschussplan. Bürgermeister Noll bezog in seinem Bericht Stellung zum Streit zwischen Alzenau und der Wellpappe und die Bürger*innenfragestunde wurde rege genutzt. Alles Wissenswerte dazu nachzulesen, im neuen Bericht aus den Stadtratssitzungen am 31.03.2022 und 05.04.2022 Innerhalb von gerade einmal einer Woche fanden am 31. März und 05. April gleich zwei Vollsitzungen des Stadtrates statt. Dies war einer Corona-Infektion von Bürgermeister Noll geschuldet, der aufgrund der Isolation nicht an der ordentlichen Sitzung Ende März teilnehmen konnte und einige wichtige Tagesordnungspunkte, die er gerne selbst leiten wollte, in eine außerordentliche Sitzung am 05. April verschob. Der Umfang der Tagesordnung machte eine Aufteilung in zwei Sitzungen ohnehin erforderlich. Trotz deutlicher Überlänge der zweiten Sitzung konnten nicht alle ursprünglich für eine Sitzung vorgesehenen Tagesordnungspunkte behandelt werden. Geschuldet war dies vor allem den umfangreichen Diskussionen um den Ausbau der Staatstraße 2305, das Bauvorhaben in der Märkerstraße 9-11 und die Betreuungssituation in den städtischen Horteinrichtungen. Stadtratsmehrheit billigt Ausbau der St2305 Der zeitlich umfangreichste Tagesordnungspunkt war die städtische Stellungnahme zu den Ausbauplänen für die St2305 zwischen Michelbach und Niedersteinbach, nicht zum ersten Mal Thema im Rat. Die Herren Matthias Müller und Klaus Schwab vom staatlichen Bauamt Aschaffenburg waren erneut im Stadtrat anwesend, um die Pläne zu erläutern und diesmal insbesondere, um auf die vom Stadtrat vergangenen Juli gemachten Anregungen einzugehen. Während etwa der Verzicht auf die Busspuren an den Dörsthöfen in die Planungen aufgenommen wurde, wurde die Mehrheit der Anregungen abgelehnt. So auch die Idee, den Radweg statt an der Staatsstraße entlang der Kahl zu führen. (Die detaillierte Stellungnahme des Bauamts finden Sie im Ratsinformationssystem.) Die Frage, ob der Streckenverlauf an den Dörsthöfen näher an den Hang rücken soll, womit die Fuß- und Radwegunterführung entfiele und stattdessen eine Ampelquerung mit Temporeduzierung nötig würde, wurde dem Stadtrat zur Abstimmung gestellt. Dieser entschied sich einstimmig für die Ampellösung. Vorschläge von CSU und FDP zur Abmilderung der Vollsperrung Damit war es mit der Einigkeit bei diesem Thema allerdings auch schon vorüber. Herr Schwab betonte noch einmal, dass Ziel des staatlichen Bauamts die Herstellung einer verkehrssichereren Strecke sei, auf der zukünftig weniger Unfälle passieren. CSU, SPD, FW und FDP schlossen sich der Auffassung des Bauamts an, dass zum Erreichen dieses Ziels der Ausbau in der geplanten Dimension notwendig sei. Die Fraktionsvorsitzenden von CSU und FDP sorgten sich jeweils um die lange Bauzeit und die damit verbundene Vollsperrung. Georg Grebner (CSU) schlug vor, währenddessen die Bembel im Halbstundentakt fahren zu lassen, Jeanette Kaltenhauser (FDP) fragte nach der Möglichkeit einer halbseitigen Sperrung. Letzteres wurde von den Vertretern des Bauamts klar als unmöglich beschieden. Die enge Straße in Verbindung mit den Arbeitsschutzrichtlinien für Bauarbeiter*innen, sowie der Umfang der nötigen Erneuerung – die Bestandsstraße muss vollständig abgetragen werden – ließen so etwas nicht zu. CSU-Fraktionschef Grebner verwies außerdem darauf, dass der CSU der Verlust der landwirtschaftlichen Flächen nicht gefalle. Man stimme aus diesem Grund „zähneknirschend“ zu. GRÜNE legen Alternative dar Einzig wir GRÜNE argumentierten grundsätzlich gegen die Notwendigkeit der geplanten Dimension des Ausbaus. Unsere Stadträtin Sabina Prittwitz zeigte noch einmal detailliert auf, dass es keine Rechtspflicht gibt zum Ausbau konform der Richtlinien zum Ausbau von Landstraßen (RAL), die die vorgelegte Dimension es nötig machen. Auch die Ertüchtigung der Bestandsstrecke ist eine rechtlich zulässige Option, die aufgrund ihrer erheblich geringeren ökologischen Auswirkungen vorzugswürdig ist. Der Einwand des staatlichen Bauamts, dass es hierzu dann eine Geschwindigkeitsbeschränkung braucht, ist richtig, aus unserer Sicht aber keine besonders schmerzhafte Einschränkung. Das Argument von Herrn Schwab, nicht einmal die Geschwindigkeitsbegrenzung von 40 km/h in der sog. „Hessenkurve“ verhindere, dass die Stelle ein Unfallschwerpunkt ist, greift hingegen zu kurz, weil erfahrungsgemäß nur eine Minderheit der Autofahrer*innen dort die Geschwindigkeitsbegrenzung auch einhält und nicht wenige sie deutlich überschreiten. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung muss auch durchgesetzt werden, damit sie funktioniert. Schwabs Kollege Müller meinte, es sei kaum sinnvoll, so viel Geld in die Erneuerung einer Straße zu stecken, die dann noch dem Verlauf von 1920 und damit nicht den aktuell geltenden Richtlinien entspräche. Grob gesagt heißt das; Wenn man schon eine „neue“ Landstraße baut, muss man dort auch 100 fahren können. Auch Bürgermeister Noll erklärte es zu einer „Frage der Philosophie“, ob man auf einer Landstraße wirklich eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 40 km/h haben wolle. Insbesondere am Tag, nachdem der Weltklimarat einen neuen alarmierenden Bericht über den Zustand unseres Planeten veröffentlicht hat, sagt unsere Philosophie: Ja! Wenn sich damit die Beeinträchtigung und teilweise Zerstörung des heimischen Ökosystems verhindern lässt, ganz bestimmt! Leider standen wir damit alleine da im Stadtrat, sodass sich alle anderen Fraktionen dafür aussprachen, die Straße in der geplanten Form auszubauen. Damit kann nun das Planfeststellungsverfahren beginnen. Eingedenk dessen Dauer und die Möglichkeit, dass betroffene Grundstückseigentümer*innen noch Klage erheben können, wird der Spatenstich allerdings sobald noch nicht stattfinden. Ein Bebauungsplan für die Märkerstraße 9-11 Ebenfalls auf der Tagesordnung der Dienstagssitzung stand das Bauvorhaben auf dem Grundstück Märkerstraße 9-11. Auf dieser Fläche in zentraler Innenstadtlage war zuletzt der alte Gebäudebestand abgerissen worden, die UBZ Immobilien GmbH möchte an dieser Stelle nun neue Wohngebäude errichten. Über die Notwendigkeit der Schaffung von Wohnraum sind wir uns auch alle einig, insofern ist das Vorhaben im Grundsatz begrüßenswert. Weniger Einigkeit besteht allerdings über die Dimension und das Aussehen der Gebäude. Geplant sind drei vierstöckige quaderförmige Gebäude mit unterschiedlicher Ausrichtung. Diese Planung fiel insbesondere wegen der Geschosshöhe im Stadtrat durch. Auch die Anwohner*innen hatten sich im Vorfeld dagegen ausgesprochen. Ein dreigeschossiges Bauvorhaben finde man an dieser Stelle in Ordnung, die vier Geschosse seien zu wuchtig. Aber auch von der Höhe abgesehen, ist fraglich, ob die geplanten Gebäude den Anforderungen des § 34 Baugesetzbuch entsprechen und sich in seinem Sinne in die Umgebung einfügen. Während der Investor der Auffassung war, dass dies der Fall wäre, kam unsere Stadträtin Sabina Prittwitz, von Beruf selbst Juristin, nach Lektüre der diesbezüglichen juristischen Literatur zu dem eindeutigen Schluss, dass ein solches Einfügen aufgrund der Kubatur und der Anordnung nicht gegeben ist. Sie betonte auch, dass bei einer Bebauung nach § 34 BauGB keinerlei Verpflichtungen, etwa zu nachhaltigem Bauen oder der Errichtung einer Photovoltaikanlage möglich sind. Aus diesen Gründen und weil man sich einig war, dass man das Heft des Handelns an einer so ortsbildprägenden Stelle nicht aus der Hand geben darf, befürwortete die Mehrheit der Fraktionen einen Bebauungsplan. Ralph Ritter (FW/PWG) und Martina Stickler (CSU) wiesen zurecht auf zahlreiche bereits realisierte, gesichtslose Gebäude in der Alzenauer Innenstadt hin, die einen eigenständigen Charakter Alzenaus immer weiter verloren gehen lassen. Dies dürfe man nicht weiter zulassen. Lediglich Bürgermeister Noll und CSU-Fraktionsvorsitzender Grebner vertraten die Auffassung, ein Bebauungsplan sei nicht erforderlich. Die meisten Dinge könne man auch über den § 34 regeln, so Noll. Die zusätzliche Arbeitsbelastung für Bauverwaltung sei die Vorteile des Bebauungsplans daher nicht wert. Auch Investor Bernhard Zwiesler selbst kam zu Wort und plädierte dafür, sich bei der Beurteilung nicht an alten Gebäuden drumherum zu orientieren. Man müsse die Entwicklung der Stadt Alzenau im Blick haben, also auch städtische Bebauung zulassen. Überdies mache ein Bebauungsplan das Vorhaben unwirtschaftlich, sodass möglicherweise gar nicht gebaut würde. Die Stadtratsmehrheit konnte beide damit aber nicht überzeugen. Mit den Stimmen von GRÜNEN, SPD, FW/PWG, FDP, sowie Jonas Müller und Martina Stickler aus der CSU wurde der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan gefasst. Angespannte Betreuungslage in den Kitas und Horten Das die öffentliche Sitzung am 31.03. beherrschende Thema war die angespannte Situation in den Kinderbetreuungseinrichtungen der Stadt Alzenau. Dem Bericht von Christine Reyer, die im Rathaus die städtischen Kindergärten, Krippen und Horte koordiniert, war zu entnehmen, dass es vor allem am Personal mangele. So kann beispielsweise die im alten Wasserloser Rathaus bis zum Neubau als Übergang eingerichtete Kita „Sonnenschein“ aktuell nicht in Betrieb genommen werden, weil Betreuer*innen fehlen. Für das vorhandene Personal resultieren daraus Überstunden und der Ausfall geplanter Urlaube, was zu Kündigungen führe und die Situation zusätzlich verschärfe. Insbesondere im benachbarten Hessen seien Bezahlung und Arbeitsbedingungen häufig besser. Es bestehe daher die dringende Notwendigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, um die Stadt Alzenau wieder zu einem attraktiven Arbeitgeber im Bereich der Kinderbetreuung zu machen, damit das Personalproblem gelöst werden kann. Als Beispiele führte Reyer Fahrtkostenzuschüsse, Mitarbeiterprämien, zusätzlichen Urlaub, Anwerbeprämien und eine Reduzierung der Öffnungszeiten an. Letzteres ist zwar die einfachste Maßnahme, dafür aber auch die problematischste, weil viele Eltern auf Flexibilität und lange Öffnungszeiten angewiesen sind. Unsere Stadträtin Angela Hadler schlug daher vor, die Öffnungszeiten nicht in allen Kitas zu kürzen und ein bis zwei Einrichtungen mit langen Öffnungszeiten für die Eltern vorzuhalten, die dies benötigen. Frau Reyer war hiervon nicht sehr angetan, es mangele dabei an Flexibilität. Der Bedarf der Eltern ändere sich auch immer wieder, sei insofern schwer planbar. Die Eltern müssten dann sehr langfristig entscheiden, welche Öffnungszeiten sie beanspruchen. Dies wäre aus unserer Sicht allerdings ein hinnehmbares Übel und immerhin besser, als wenn gar keine langen Öffnungszeiten angeboten werden können. Aus der FDP kam von Stefka Huelz-Träger der Vorschlag, bei der Personalgewinnung auf kreative Lösungen zu setzen und interessierten Bewerber*innen etwa die Ausbildung an der Berufsschule in Aschaffenburg zu bezahlen. Eine kurzfristige Linderung bringt dieser Vorschlag allerdings nicht. Georg Grebner (CSU) erfuhr auf Nachfrage, dass die Vorratsbuchungen der Randzeiten, also die Buchung der Betreuung bis zum späten Nachmittag, die dann nicht immer wahrgenommen wird, leicht zurückgegangen sind. Er schlug vor, die die Gebühren zu staffeln und in den Randzeiten zu erhöhen, damit dies unattraktiver wird und weniger Personal zu Zeiten vorgehalten werden muss, in denen es nicht benötigt wird. Unsere Fraktionsvorsitzende Claudia Neumann drängte darauf, dass der Stadtrat bei der Umsetzung von Lösungen für die städtische Kinderbetreuung schneller werden muss. Das lange Hin und Her beim Neubau der Krippe auf der Hirtenwiese etwa ist angesichts der angespannten Situation nicht hinnehmbar. Wenn es nach uns GRÜNEN ginge, wäre diese an dem Standort längst gebaut. Im Haupt- und Finanzausschuss wurde beschlossen, zur Lösung der Problematik eine Task Force im Rathaus einzurichten, die sich vordringlich darum kümmert. Überbelegung Hort Wasserlos, Stadtrat entscheidet sich für Buslösung Ganz konkret zu lösen hatte der Stadtrat das Problem der Überbelegung im Hort der Erich-Kästner-Grundschule Alzenau, der zurzeit in Wasserlos untergebracht ist. Anhand der Anmeldungen ist absehbar, dass mindestens 19 Kinder im kommenden Schuljahr dort keinen Platz finden werden. Eine Lösungsmöglichkeit war das Platzieren von zwei Containern am Hort in Wasserlos, wo die „überschüssigen“ Kinder betreut werden können. Großer Vorteil dieses Modells wäre gewesen, dass die Kinder, die gemeinsam in die Schule gehen, in denselben Sozialstrukturen verbleiben können. Auch die Abholung der Kinder wäre für die Eltern leichter zu organisieren. Großer Nachteil wären die Kosten, immerhin 300.000 € für zwei Jahre. Günstiger war die zweite Lösungsmöglichkeit, die Kinder mit einem Bus zum Kinderhort nach Hörstein zu transportieren, wo noch freie Plätze vorhanden sind, was mit nur etwa 50.000 € zu Buche schlägt. Wesentlicher Nachteil, ist das Trennen der Kinder und damit das temporäre Aufbrechen bestehender Sozialstrukturen. Auch eine radikale dritte Lösung wurde dargestellt, nämlich den Kindern schlicht keinen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen. Derzeit ist die Stadt Alzenau hierzu noch nicht verpflichtet. Für den Stadtrat war dies dennoch keine Option. Angesichts der nicht zufriedenstellenden Auswahl kam für den Stadtrat ein kurz vor der Sitzung verschickter Vorschlag der Leiterhin des Hortes in Wasserlos, Frau Saul, wie gerufen. Sie schlug vor, den dortigen Speisesaal zu einem Gruppenraum umzufunktionieren und die Kinder in den Gruppenräumen essen zu lassen. Lediglich kleiner Umbauten wären hierzu nötig gewesen und entsprechen überschaubare Kosten. Sylvia Pfannmüller hatte die Machbarkeit auch sogleich geprüft, konnte aber leider kein grünes Licht geben. Der Hort in Wasserlos sei ohnehin bereits eine Behelfslösung. Der Platz in den Gruppenräumen ist bereits jetzt sehr knapp bemessen und werde nur deshalb geduldet, weil zum Essen ein eigener Speisesaal zur Verfügung steht. Ebenso sei die Situation für das Personal viel zu beengt. Schließlich sei die aktuelle Kapazität die Grenze dessen, was die Brandschutzvorschriften in dem alten Grundschulgebäude hergäben. Der Lösungsvorschlag werde deshalb kaum eine Genehmigung von Kindergarten- und Bauaufsicht bekommen. Womit der Stadtrat wieder vor dem anfänglichen Dilemma stand. Die Kinder aufzuteilen, fanden Teile des Stadtrats, sei eine pädagogisch kaum vertretbare Lösung. Unsere Fraktionsvorsitzende Claudia Neumann etwa und auch Martina Stickler (CSU) plädierten deshalb dafür, die Container-Lösung zu nehmen. Für die Mehrheit des Stadtrats standen die hierfür anfallenden hohen Kosten allerdings in keinem Verhältnis. Sie hielt die Buslösung für einen pragmatischen Weg, die unbefriedigende Situation aufzulösen. So stimmten dann für die Variante mit den Containern nur Claudia Neumann und Angie Hadler aus unserer Fraktion, Timo Ritter von den Freien Wählern, sowie Frank Deckert, Markus Gollas und Martina Stickler von der CSU. Die Stadtratsmehrheit favorisierte Lösung 2, den Bustransfer. Unsere Stadträtin Sabina Prittwitz betonte allerdings, dass dies nur eine Übergangslösung sein könne. Es müsse jetzt so schnell wie mögliche an der Umsetzung nachhaltiger Modelle gearbeitet werden, d.h. in Alzenau den Hortneubau an der Grundschule vorantreiben. Hierüber bestand im Stadtrat auch Einigkeit. Bürgermeister attackiert Wellpappe Den Beginn der Sitzung am 05.04. nutzte Bürgermeister Noll um im Streit zwischen der Firma Wellpappe bzw. deren Eigentümer Dr. Palm und der Stadt Alzenau einen Angriff auf Herrn Palm zu veranstalten. Der Rechtsstreit geht mit der Berufung durch die Palm-Gruppe aktuell in die neue Runde. Währenddessen zieht die Wellpappen-Belegschaft eine öffentlichkeitswirksame Kampagne auf, dass sie in Alzenau bleiben und in ein neues Werk auf das Grundstück im Industriegebiet Nord ziehen wollen. Noll zitierte nun aus der Berufungsbegründung, dass der Neubau im Industriegebiet in Alzenau nie konkretes Ziel der Palm-Gruppe gewesen sei. Es sei lediglich eine von vielen Optionen, aber insofern eine unverbindliche unternehmerische Absicht gewesen. Noll sah dies als Beleg, dass Dr. Palm in dem Streit ein doppeltes Spiel spiele und weder der Stadt Alzenau noch der Belegschaft reinen Wein einschenke. Nikolaus Fey Straße wird geteilt und kriegt zwei neue Namen Die emotionale Diskussion um die Umbenennung der Nikolaus Fey-Straße war bereits im Oktober geführt worden. Am Ende hatte sich eine Mehrheit im Stadtrat richtigerweise entschieden, dass die Ehrung eines Nationalsozialisten mit einem Straßennamen nicht mehr tragbar ist und dieser Fehler aus den 50er-Jahren daher ausgebessert werden muss. Nun stand die Entscheidung an, wie die Straße zukünftig heißen soll. Aus der Alzenauer Bürger*innenschaft waren hierzu über ein Dutzend Vorschläge eingegangen, eine Findungskommission bestehend aus Vertreter*innen des Stadtrats, der Verwaltung, der anliegenden Schulen und Anwohner*innen hatte diese gesichtet und einen gemeinsamen Vorschlag gemacht. Unter den Vorschlägen fanden sich verdiente, des Nationalsozialismus unverdächtige ehemalige Bürger*innen Alzenaus, aber auch häufig Namen, wie Sophie Scholl, Anne Frank, Weiße Rose. Die Wahl der Kommission fiel auf den Vorschlag, die Straße zweizuteilen. Dies hat den Vorteil, dass bei einer irgendwann realisierten Wohnbebauung des Wellpappen-Areals im hinteren Teil der Straße die Hausnummern beibehalten werden können. Dieser hintere Teil soll nun Nikolausstraße heißen, angeblich nach dem heiligen Nikolaus von Myra. Der vordere Teil soll den Namen von Edith Stein tragen, die Ordensschwester, die sich dem Nationalsozialismus entgegenstellte und wegen ihrer jüdischen Herkunft in Auschwitz ermordet wurde. Sie ist bereits Namensgeberin der anliegenden Realschule. Unser Stadtrat Tim Höfler wies darauf hin, dass der Name „Nikolausstraße“ eine scheinheilige Lösung sei. Niemand brauche sich einreden, der Name beruhe auf dem heiligen Nikolaus. Jede*r wisse, dass das „Nikolaus“ im Straßennamen von Fey stamme. Dem gemeinsamen Vorschlag wolle er sich aber dennoch nicht entgegenstellen. Anders sah das unsere Fraktionsvorsitzende Claudia Neumann. Von ihr kam die einzige Gegenstimme, als der Stadtrat die Umsetzung des Vorschlags beschloss. Wieder ein Feuerwerk für das Stadtfest Wie das diesjährige Stadtfest abgeschlossen werden solle, hatte der Stadtrat unter TOP 9 am 31.03. zu entscheiden. Dass es nach Möglichkeit heuer wieder stattfinden soll, hatte zuvor schon der Kulturausschuss beschlossen. 2019 hatte der Stadtrat mit knapper Mehrheit entschieden, das Feuerwerk zum Abschluss des Festes durch eine Lasershow zu ersetzen. Hauptargumente waren der verursachte Feinstaub und die daraus resultierenden Gesundheitsschäden, die Umweltbelastung und die Feuergefahr im häufig trockenen August. 2019 hatte man eine Lasershow auf dem Marktplatz getestet. In Zukunft sollte diese an der Burg stattfinden. Nicht einbezogen worden in die Entscheidung waren die Kosten der Lasershow, die mit immerhin 10.000 € zu Buche schlägt, während das Feuerwerk nur 4.000 € ausmacht. Wolfgang Röder (SPD) bestritt zunächst, dass der Tagesordnungspunkt überhaupt zur Beschlussfassung zugelassen werden dürfte. Der einst auf SPD-Antrag gefasste Beschluss dürfe nicht ohne neue Sachlage neu entschieden werden. Für die Mehrheit im Stadtrat stellten die enormen Kosten aber durchaus eine neue Sachlage dar. Auch für uns GRÜNE sind 10.000€ für die Lasershow nicht vertretbar. Auch das Feuerwerk halten wir allerdings aus den genannten Argumenten für nicht vertretbar. Hingegen sind wir nicht dafür, gänzlich auf ein Abschlusshighlight zu verzichten. Für uns käme etwa eine Feuerschlucker-Show oder ähnliches in Betracht. Dies wäre zu prüfen. Die Mehrheit des Rates hatte mit dem Feuerwerk allerdings keine Probleme. Gegen die Stimmen von SPD und GRÜNEN wurde die Durchführung beim diesjährigen Stadtfest beschlossen. Landesentwicklungspogramm – Wir hätten uns Vorschläge gewünscht TOP 7 der Sitzung Ende März schien eher unscheinbar. Das Landesentwicklungsprogramm Bayern als fachübergreifendes Gesamtkonzept der räumlichen Entwicklung und Ordnung Bayerns wird vorgeschrieben und die Kommunen konnten hierzu Änderungsvorschläge einreichen. In der Verwaltung sah man hierzu keinen Anlass, sie betrachtete die Empfehlungen im Programm etwa zu gleichwertigen Lebensverhältnissen, Anpassung an Klimawandel oder nachhaltige Mobilität als ausreichend und empfahl dem Stadtrat lediglich die Kenntnisnahme zu beschließen. Ganz so einfach war das für uns GRÜNE nicht, wie Sabina Prittwitz erläuterte. Sie wies darauf hin, dass es dem Programm an verbindlichen Zielen mangele, z.B. beim Flächensparen oder den erneuerbaren Energien. Insofern bemängelte sie, dass das Thema erst einen Tag vor Ende der Einreichungsfrist auf die Tagesordnung des Stadtrats komme. Weder Verwaltung noch Fraktionen hatten nun Zeit, noch Änderungsvorschläge auszuarbeiten. Diese Hinweise wurden von Verwaltung und Bürgermeister nur mit Achselzucken wahrgenommen. Mangels alternativer Optionen fuhr man zum Beschluss der Kenntnisnahme ohne weitere Vorschläge fort. Er wurde gegen die Stimmen von GRÜNEN und Hans Dieter Herbert (SPD) gefasst. Bürger*innenfragestunde rege genutzt Auf reges Interesse traf die Bürger*innenfragestunde am 05. April. Horst Kröll informierte sich wieder mal detailliert beim Bürgermeister zu verschiedenen Themen, er kritisierte etwa, dass das städtische Entwicklungskonzept unzureichend umgesetzt werde. Dagmar Förster vom Bund Naturschutz vertrat die Auffassung, dass die angedachte Floating-PV-Anlage auf dem Hörsteiner See aus Naturschutzaspekten nicht vertretbar sei. Sie empfahl, stattdessen andere Möglichkeiten, wie PV-Anlagen auf den vielen ungenutzten Dachflächen im Industriegebiet Süd oder die Errichtung von Windrädern im windreichen Prischoß zu prüfen. Niklas Höfler kritisierte fehlendes Tempo bei Klimaschutzbemühungen und wollte wissen, was bis zur Umsetzung des in der Ausarbeitung befindlichen neuen Klimaschutzkonzeptes an Klimaschutz-Maßnahmen vorgesehen seien. Eine konkrete Antwort bekam er vom Bürgermeister nicht, im Rathaus sei man ständig mit Klimaschutz beschäftigt. Radverkehrskonzept und Rehwildabschlussplan Außerdem auf der Tagesordnung stand am 05.04. das Radverkehrskonzept der Stadt Alzenau. Dies wurde anhand von Vorschlägen aus der Bürger*innenschaft und Messungen des Radverkehrs vom Ingenieursbüro Modus Consult erarbeitet. Von Herr Dr. Gericke war zu erfahren, dass der Freizeitradverkehr in Alzenau überdurchschnittlich, während der Alltagsradverkehr noch ausbaufähig ist. Er zeigte in einer Präsentation zahlreiche Maßnahmen auf, die zur Verbesserung des Radwegenetzes in Alzenau notwendig sind. Der Stadtrat nahm das Konzept zustimmend zur Kenntnis, die konkrete Umsetzung ihn dann in Zukunft beschäftigen. Der neue Rehwildabschlussplan für die Stadt Alzenau mit dem Ziel die Wildbestände in einem naturverträglichen Maß zu halten, wurde einstimmig beschlossen.